Collage einer Zeitung mit dem Namen Hora und einem Titel: Weniger ist mehr!

"Der Anspruch, niveauvoll unterhalten zu werden wächst."

So beschreibt das senatsoffizielle "Leitbild Wachsende Stadt" den kulturellen Horizont der Hamburgerinnen und Hamburger. In diesem Leitbild geht's nicht um Bevölkerungszuwachs, wie gelegentlich verbreitet wird, sondern um ein umfassendes, rechtes Umbauprojekt. Es geht darum, Hamburg im Sinne neoliberaler Entstaatlichungs- und Deregulierungsideologie für den globalen Wettbewerb aller gegen alle 'fit' zu machen; auf Kosten der Entwicklung entfernterer Weltregionen, anderer Bundesländer und, innerhalb der Stadt, auf Kosten der sozial Benachteiligten. So sieht das Leitbild eine regelrechte Bevölkerungs-Strukturpolitik vor: 'Nützliche' Zuwanderer und Zuzügler sollen gezielt angeworben werden, während Alte, sozial Schwache, Flüchtlinge und Widerspenstige "befriedet", ausgegrenzt oder abgeschoben werden. "Die im Dunkeln sieht man nicht", heißt es bei Brecht.

Das Leitbild listet alle städtischen Politik-Bereiche auf und weist den verschiedenen Behörden eindeutige Aufträge zu, die sie bereichsspezifisch umsetzen sollen. Das gilt auch für die Kulturpolitik: gefragt sei Zerstreuung und Ablenkung für möglichst optimal nutzbare Erwerbstätige (im Modern-Sprech der Betriebswirtschaftslehre 'human resources' genannt); populistische Events zur Herstellung eines 'harmonischen' Gemeinschaftsgefühls entgegen der realen sozialen Spaltung, die gleichzeitig ordentlich Gewinn abwerfen sollen, Standortmarketing für Investoren und "High Potentials" als aktiver Beitrag zur Wirtschaftspolitik. Musicals und gepflegte Langeweile auf hohem Niveau.

Aber der Staat soll - und so gehört es sich ja auch, siehe umseitig - noch 'schlanker' gemacht werden. Und darum gibt's demnächst noch mehr Schrumpf-Kultur. Weniger ist Mehr: Bei Stadtteilkultur, bei den Bücherhallen, beim Musikunterricht. Auch weniger Geschichte 'ist mehr': Gedenken an den Jahrestag der Bücherverbrennung für die Kultursenatorin 'ein alter Hut'. In diesem Sinne erklärte sie Anfang März in der Bürgerschaft: "Damit Neues eine Chance hat, muss Altes sterben." Neu, das ist ein Aquarium mit Musik (Ayurveda-Dome), ein Flaschenschiff-Museum mit Elbblick und ein Feng-Shui-gemäß umgebauter Jungfernstieg mit Bettlerfrei-Garantie.

Kultur ist, was man dagegen macht.
Wir wünschen noch eine niveauvolle Nacht!